Was ist Zeit? Von 12 Stunden und 60 Minuten

“Zeit ist eine Illusion. Die Mittagszeit erst recht!” – Per Anhalter durch die Glaxis (2005)

Das sagte der Ford Prefect in “Per Anhalter durch die Galaxis” von Douglas Adams. Und das gab mir zu denken. Was ist Zeit? In dieser Artikelserie möchte ich diese Frage klären. In diesem Teil befassen wir uns mit der Frage, warum der Tag in zwei mal 12 Stunden mit jeweils 60 Minuten in einer Stunde aufgeteilt ist.

Schauen wir dafür zuerst auf die grundlegenden Zeit-Intervalle in der Natur. Das offensichtlichste Intervall ist der tägliche Wechsel zwischen hell und dunkel, also Tag und Nacht. Wir Menschen und auch die meisten Tiere richten daran ihren Schlafzyklus aus. Ein weiteres Intervall bietet der Mond, dessen Umlaufzeit 27,55 Tage beträgt. Auch an diesem Intervall richten sich Lebewesen auf der Erde aus. Zusätzlich können auch andere Himmelskörper, vornehmlich Planten herangezogen werden.

Das längste Intervall auf der Erde ist der Durchlauf der Jahreszeiten, gekennzeichnet durch den längsten, den kürzesten Tag, sowie die beiden gleichlangen Tage des Jahres. An diesen Zeiträumen orientieren wir zum einen Tätigkeit, die über das Jahr geschehen müssen, und zum anderen unser alter in Jahren. Ein Jahr entspricht schließlich einem vollen Durchlauf der Jahreszeiten und Tageslängen.

12 und 60

Bevor wir uns anschauen, wie Zeit technisch gemessen wird, stellen wir uns die Frage, wieso wir Zeit in 12 Stunden und in 60 Minuten rechnen. Da sich diese Frage auf einen einzelnen Tag beschränkt, behalten wir im Hinterkopf, dass dadurch ausschließlich der Zyklus eines Tages beschrieben wird.

Aber eigentlich ist doch die Frage, warum wir den Tag nicht im Zehnersystem beschrieben, mit dem wir sonst auch alles machen. Können wir den Tag nicht einfach in 10 Stunden á 100 Minuten einteilen, damit wir einfacher damit rechnen können? Oder meinet wegen auch in 20 Stunden, 10 helle Stunden und 10 dunkle Stunden am Tag? Ich würde das persönlich einfach mal mit JA beantworten, aber darauf wird in einem späteren Beitrag eingegangen.

Ägyptische Sonnenuhr, Abbildung von Rudolphous, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Um zu verstehen, woher dieses Zahlensystem mit 12 und 60 kommt, müssen wir uns erstmal anschauen, wann und wie die Zeitrechnung in Stunden eigentlich begann. Die ersten Uhren kamen um 3500 v. Chr. auf und irgendwann kam man dann wohl auf die Einteilung in 12 Stunden. Zumindest die oben abgebildete Sonnenuhr weißt auch schon eine 12-Stunden-Skala auf. Und wir wissen auch, dass die Weiterentwicklung der Uhr überwiegend auf dem historischen Stand der Entwicklung aufbaut, es ist wahrscheinlich ein historisch gewachsenes System aus Gewohnheiten. Aber wie kamen die Ägypter darauf?

Amenophis: Darstellung einer frühen ägyptischen Sonnenuhr, Abbildung von Aubry Gérard, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Die Antwort: gar nicht. Die ersten Sonnenuhren hatten sogar Skalen für vier oder fünf Stunden, wie auf der Abbildung der Amenophis zu sehen ist. Eine Vermutung dazu ist, dass verschiedene Markierungen auf diesen Sonnenuhren verschiedene Ereignisse am Tag einteilten. Bei Gläubigen das Gebet, bei Feldarbeitern den Arbeitsbeginn, die Pausen und das Arbeitsende.

Man hat damals wahrscheinlich irgendwann ein vorherrschendes Zahlensystem auf die Zeitmessung übertragen. Ein Zahlensystem, das man kannte, das jeder beherrschen und damit umgehen konnte. Das gewählte Zahlensystem heißt Sexagesimalsystem, wurde wahrscheinlich von den Sumerern entwickelt und ist um 3300 v. Chr. datiert. Im folgen schauen wir uns mal an, wie einfach man damit rechnen kann:

Sumerisch zählen

Man vermutet, dass dieses System entwickelt wurde um eine einfache Zählung größerer Zahlen mit zwei Händen zu ermöglichen. Und ja, man kann mit einer Hand bis 12 und mit zwei Händen bis 60 zählen – vorausgesetzt man hat noch alle Fingerglieder! Jede Hand hat vier Finger und einen Daumen – und ja, das ist hier wichtig! Mit dem Daumen einer Hand zählt man jetzt die Fingerglieder an der selben Hand, angefangen beim oberen Glied des kleinen Fingers bis zum unteren Glied des Zeigefingers. Es handelt sich um 12 Fingerglieder und nun kannst auch Du einhändig bis 12 zählen.

Einhändiges Zählen bis 12, Abbildung von Rhetos, CC0, via Wikimedia Commons

An der zweiten Hand wird der Daumen mit eins gewertet und nicht gezeigt, denn 1 mal 1 bis 12 ergibt die Zahlen von 1 bis 12. Der Zeigefinger bis zum kleinen Finger werden mit zwei bis fünf gewertet. Man Multipliziert dann die Zahlen der einen mit der anderen Hand, also im höchsten Fall 5 mal 12 (=60). Ist also eigentlich ganz einfach. Man könnte mit der zweiten Hand alternativ auch 12 Fingerglieder zählen, sodass man in der Multiplikation 12 mal 12 auch bis zu einem Gros, also 144, rechnen könnte. Aber wir brauchen ja nur die 12 und die 60.

Dass wir zwei Mal 12 Stunden verwenden liegt dabei daran, dass bei den Ägyptern die Zeit, in der Res Sonnenschiff den Himmel querte, also der Tag, besonders wichtig war. Die Nacht wird zwar häufiger erwähnt und hat ebenfalls 12 Stunden, kann aber nicht mit einer Sonnenuhr gemessen werden.

Heutiger Einfluss

Dieses System wurde bei den Griechen und Römern weiter verwendet. Die Römer haben sogar noch im Duodezimalsystem (Zwölfersystem) dividiert, hier hat zum Beispiel die Unze ihren Ursprung.

Einigen wird hier bestimmt bereits aufgefallen sein, dass von der 12 einiges abhängt. Wir kennen das Duzend, kaufen Wasserflaschen im Sixpack (6/12) oder im Kasten zu 12 Flaschen und besorgen Bier im 24er Rahmen. Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts existierten Währungen, die in zwölfteln gerechnet wurden. Und der wichtigste Zusammenhang ist unsere Uhrzeit, die täglich zwei mal in 12 Stunden zu je 60 Minuten eingeteilt ist.


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